Lehrberufe leiden nach wie vor unter einem schlechten Ruf. Dabei wurde in den letzten Jahren sowohl vonseiten der Unternehmen als auch der Regierung viel unternommen, um die Lehre für junge Menschen attraktiver zu machen. Gerade unter den Eltern, die insgesamt doch einen beträchtlichen Einfluss auf die Entscheidungsfindung ihrer jugendlichen Kinder haben, halten sich einige Mythen über den Lehrberuf hartnäckig. Solche Stereotype haben die Folge, dass vielversprechende Lehrberufe von jungen Leuten leider viel zu oft übersehen werden. Welche Vorurteile sind am schwierigsten über Bord zu werfen? Und was steckt wirklich dahinter? Wir decken die größten Mythen des Lehrberufs auf.
Mythos 1: Lehrberufe sind schlecht bezahlt
Die Verdienstmöglichkeiten in den Ausbildungsberufen lassen sich durchaus sehen. In erster Linie soll die Einkommenshöhe in einem Lehrberuf aber im Verhältnis zum Alter gesehen werden. Im jungen Alter von 15 Jahren können Lehrlinge bereits beginnen, wichtige Anschaffungen zu machen oder ihr Geld in Kapital anzulegen.
Zum Vergleich: Werden die meisten Studienabsolvent:innen nicht erst am Ende ihrer Zwanziger finanziell unabhängig? Besonders technikorientierte Lehrberufe, wie etwa der Modullehrberuf Mechatroniker:in, bieten einen vergleichsweise hohen Verdienst. Das Einstiegsgehalt nach einer Mechatronik-Lehre beträgt durchschnittlich 2.563 Euro brutto im Monat. Andererseits sollte auch beachtet werden, dass viele Lehrlingsberufe an und für sich einzigartige Jobs sind, die auf einem anderen Ausbildungsweg gar nicht erlernt werden können.
Mythos 2: Die Lehre ist die Einbahn des Bildungsweges
Der Lehrberuf sei eine Karriere-Bremse, eine Einbahnstraße oder: „Mit einer höheren Schule hat man mehr Chancen.“ Dieser Mythos wird in so manchen Elternkreisen stark aufrechterhalten. Durch die große Anzahl an Weiterbildungsmöglichkeiten steigen auch die Aufstiegschancen. Wer Kurse und Seminare besucht oder ein Studium absolviert, kann sein Karriere-Profil weiter schärfen. Lehre mit Matura, Lehre nach der Matura, auch Studium nach der Lehre und andere Konstellationen sind reale Chancen, deren sich die Gesellschaft leider immer noch nicht ausreichend bewusst ist.
Außerdem können die beruflichen Erfahrungen in Unternehmen und das Innehaben verschiedener Positionen den eigenen Lebenslauf verbessern. Schließlich kommt es für eine erfolgreiche Karriere nicht nur auf die gewählten Ausbildungen an, sondern auch auf den eigenen Willen, sich weiterzuentwickeln und immer neue Fähigkeiten auszubilden. Die Möglichkeit an Weiterbildungen und beruflichen Aufstiegen geht auch mit dem finanziellen Vorankommen der fertigen Lehrlinge einher. Hier können Eltern mehr darüber erfahren, welche Türen sich nach einer abgeschlossenen Lehre öffnen.
Mythos 3: Lehrberufe sind nur für jene, die nicht das Zeug für ein Studium haben
Ein anderer Mythos besagt: „Wer zu blöd für das Studium ist, macht eben eine Lehre.“ Diese Aussage ist Unfug und rührt daher, dass handwerkliche Berufe in der heutigen Zeit deutlich an Attraktivität verloren hat. Körperliche Arbeit und das häufig geringe Prestige des Lehrberufs werden in der Öffentlichkeit leider oftmals „schlechtgeredet“.
Ganz im Gegenteil: Die Lehre bietet genauso viele wertvolle Optionen wie ein Studium. Nach der abgeschlossenen Lehrausbildung ist ein Studium immer noch möglich. Tatsache ist, dass Lehrlinge mehr nach dem Prinzip „learning by doing“ ausgebildet werden. Der abwechselnde Besuch der Lehrstelle und der Berufsschule garantieren eine einzigartige Vernetzung von praktischer und theoretischer Wissensaneignung. Ambitionierte Jugendliche machen mit einer Lehre also überhaupt nichts falsch.
Mythos 4: Der Lehrberuf ist in erster Linie für Männer
Auch dieses Vorurteil ist immer wieder anzutreffen. In Wahrheit gibt es heute in jedem Lehrberuf gleichermaßen Männer wie Frauen. Zur Gleichberechtigung der Geschlechter gab es in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe an wirksamen Initiativen mit dem Ziel, insbesondere Lehrberufe im technischen Bereich (z.B. die Mechatronik-Lehre) für Frauen attraktiver zu machen.
Eine ganze Reihe an Mythen und Falschinformationen kursieren zum Thema Lehrberuf. Das hat leider häufig die Folge, dass junge Menschen interessante Berufsmöglichkeiten übersehen. Fakt ist, dass in der Öffentlichkeit leider zu wenig über Spitzen-Lehrbetriebe, Möglichkeiten und Vorteile der Lehrlingsausbildung gesprochen wird. Insbesondere Eltern müssen daher besser aufgeklärt werden, über sowohl Aufstiegs- als auch Verdienstmöglichkeiten mit einem Lehrberuf.
Darüber hinaus soll die Berufsorientierung für junge Menschen viel früher angesetzt werden, damit diese überlegte Karriere-Entscheidungen treffen können. Erkennt ein Kind schon früh sein Talent für einen handwerklichen Beruf, sollten es die Eltern auf diesem Weg fördern. Viele Jugendliche entscheiden sich nämlich aus „Sicherheitsgründen“ oft für Matura und Studium, einfach weil sie die Entscheidungsfindung noch hinausschieben und nichts falsch machen wollen. Besonders als Elternteil haben Sie hier die Chance mit den Mythen des Lehrberufs aufzuräumen und Ihr Kind zu ermutigen diesen Weg zu gehen.
